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„SDGs Leicht Gemacht!“ - Interview mit dem TOP 1 Aktionstage Highlight 2021

Frau Rowland, Ihre Webinar Reihe „SDGs Leicht Gemacht!“ wurde auf Platz 1 der Top Aktionstage Nachhaltigkeit Highlights gewählt. Ihre Idee ist sowohl bei der Aktionstage Jury als auch beim anschließenden Voting der Aktionstage Gemeinschaft sehr gut angekommen. Wie kam es zu Ihrer Idee und in weiterer Folge zur Umsetzung?

Die FH Burgenland hat im letzten Jahr unter Mitwirkung von Vertreter:innen aus allen akademischen und Management-Bereichen ihre Nachhaltigkeitsstrategie neu überarbeitet, Kurzfassung hier zum downloaden.

Die Strategie umfasst 75 operative Ziele in neun Kernbereichen. Einer dieser Kernbereiche ist die Bewusstseinsbildung, wo eines der konkreten Ziele die Integration der SDGs in Lehre und Forschung ist. Das heißt, alle unsere Mitarbeitenden, Lehrenden, Forschenden, und Studierenden müssen die SDGs erstmals kennenlernen, ihren Sinn voll verstehen und dann in ihren Bereichen umsetzen. Das ist für so manche ein großer Schritt. Um diesen Schritt zu erleichtern haben wir diese SDG-Serie entwickelt.

In der Serie wird jedes SDG eigens behandelt in Form einer einführenden Videoaufzeichnung und einem umfangreichen Folienset mit extra Ressourcen, jeweils in deutsch und englisch; auch eine allgemeine Einführung in die Nachhaltigkeit wird angeboten. Jedes Set beginnt mit einer allgemeinen Einleitung in die jeweilige Thematik, gefolgt von Infos wie es global, in Europa und in Österreich dazu ausschaut. Als nächsten Punkt folgen dann Beispiele möglicher Beiträge von verschiedenen Organisationstypen (Bildungseinrichtungen, Gemeinden, Unternehmen und Non-Profits) mit Einladung zu Übungen. Die Entwicklung der Serie dauerte 9 Monate und die Förderung dafür kam von verschiedenen Stellen: FH Burgenland Nachhaltigkeitsstabsstelle, Wirtschaftsakademie Wien, Interreg Projekt SEED Hub.

Die Aktionstage boten eine ideale Gelegenheit, diese Serie vorzustellen und mit Webinaren zu unterstützen. Wir haben uns dann kurzfristig dazu entschlossen eine ganze Kampagne für die Aktion auf die Beine zu stellen und Kooperationspartner:innen einzuladen mitzumachen, die dann auch gleich ja gesagt haben: FH Campus Wien und das Referat für Energie und Klimaschutz des Amts der Landesregierung Burgenland haben bei den Webinaren fleißig mitgemacht und die Bandbreite unserer Stakeholder erweitert. Bis zur Eröffnung der Aktionstage waren wir dann ziemlich unter Druck alles fertigzubekommen:

  • SDG Serie auf unserer Website und als Social Media Kampagne
  • Spannende Gäste für die Webinare zu finden
  • Webinare vorzubereiten und zu halten
  • Podcast zu kreieren und aufzuzeichnen
  • und Student:innen und Alumni der FH Burgenland dazu einzuladen von ihrer Arbeit mit den SDGs zu erzählen — alles hier nach-schau-/hörbar
  • alle SDGs auch in den Räumlichkeiten vorzustellen

An der FH Burgenland bewegen wir uns jetzt in die Integration der SDGs in Lehre und Forschung. Wir haben ein Team aus allen Bereichen der FH Burgenland zusammengestellt, das Umsetzungspläne zusammen mit Peers entwickeln wird. Auf diese gemeinsame Arbeit freue ich mich schon sehr.

Ganz wichtig war uns aber, dass die SDG Arbeit „leicht“ gemacht wird und dass alle unsere generierten Ressourcen der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt sind, damit allgemein was weitergeht in der Nachhaltigkeit. Wir wollten hier die Vorarbeit leisten, role-modeln und unserer Verpflichtung als Gemeinwohl-orientierte, öffentliche Bildungseinrichtung nachkommen als Wissens- und Forschungsexpert:innen Beiträge zur Nachhaltigkeit zu leisten.

SDG Wände in unserem Hauptgebäude in Eisenstadt:

Wand mit einem passenden Zitat zum SDG 13
©FH Burgenland
Wand mit einem passenden Zitat zu SDG 4
©FH Burgenland
Wand mit einem passenden Zitat zum SDG 5
©FH Burgenland
Wand mit einem passenden Zitat zum SDG 11
©FH Burgenland

In den Webinaren werden sämtliche Themenbereiche der 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele behandelt. Zum Teil klingen diese Ziele sehr abstrakt und umschreiben auch komplexe Zusammenhänge und Sachverhalte. Wie gelang es, diese herunter zu brechen und für ein breites Publikum verständlich, anschaulich und interessant zu machen?

Dies bedarf schon einiger Übung, aber wir haben uns ja schon seit 2 Jahren intensiv mit der Materie der SDGs beschäftigt und es ist uns jetzt gelungen, dies auf mehreren Ebenen so zu kommunizieren, dass für jeden was dabei ist. Dies war unser „multi-sensory“ Approach:
• Social Media Hinweise auf die To Do’s (ganz einfache Handlungen die jedes Kind setzen kann)
• Plus PPT Präsentationen für alle Neugierigen, die mehr über die SDGs lernen wollen
• Plus Video Intro zu den SDG PPTs (die „short version“ mit Erzählcharakter)
• Vorstellung von Umsetzungsmöglichkeiten (konkrete Handlungspossibilities in verschiedenen Organisationsformen)
• Übungen zur Vertiefung (auf Organisationsebene und persönlicher Ebene)

Im Rahmen der Webinare gab es auch Raum für Fragen und Diskussion. Wurde dies von den Teilnehmenden genutzt? Was würden Sie das nächste Mal anders machen?

Naja, ehrlich gesagt, wenig. Es ist keine Diskussion zu Stande gekommen, aber mit den Gästen war es trotzdem spannend und ein ping-pong Spiel der Gedanken. Dafür wären face-to-face Events natürlich viel besser geeignet, die könnte man dann auch gleichzeitig streamen und aufzeichnen. Maybe next year!

Die SDGs sind ein gutes Beispiel für globale Bemühungen zur Verbesserung bzw. zur Transformation unserer Welt. Inwiefern sind diese Ziele auf individueller Ebene von Bedeutung? Wie können sich einzelne Personen einbringen und an der Erreichung bzw. Umsetzung der Ziele mitwirken?

Die Welt verändern ist ein Riesenaufwand, der von allen Ebenen angegangen werden muss. Die SDGs stellen eine ganzheitliche gemeinsame Roadmap dar. Wenn wir uns danach richten und Beiträge leisten, auf den Ebenen die uns zur Verfügung stehen, dann kommen wir gemeinsam weiter. Jede/r muss mitschaufeln! Aber es bedarf eben „bottom-up“ (individuell und als Gruppen) und „top-down“ (Vorgaben, Mandate, Empfehlungen, Unterstützung, Funding…), wie auch „across boundaries“ (also Partnerschaften zur gegenseitigen Unterstützung und Befruchtung).

Sie sind Nachhaltigkeitsbeauftragte auf der FH Burgenland. Wie reagieren Studierenden auf Nachhaltigkeitsthemen? Besteht hier großes Interesse, sich zu informieren oder einzubringen bzw. selbst aktiv zu werden?

In den letzten Jahren ist das Bewusstsein bei den Studierenden enorm gewachsen. Vor 5 Jahren war das noch gar nicht so, da haben sich viele noch nicht angesprochen gefühlt (in meiner Erfahrung als Lehrende). Ich sage dies, weil ich damals oft hörte „das spielt bei unserer Firma keine Rolle, da gibt es den Chef und der sagt was ist; bei uns geht es nicht um Innovation oder um Nachhaltigkeit…“ — solche Aussagen habe ich schon lange nicht mehr gehört. Die Resonanz wächst also weiter.

Hat sich das Interesse an nachhaltigen Themen in den vergangenen Jahren, seit Beschluss der SDGs im Rahmen des UN Gipfeltreffens 2015, in irgendeiner Form verändert?

Also, seit 2015 ist ja nicht viel weitergegangen. Das Interesse ist gewachsen, glaub ich, weil die Konsequenzen unserer un-nachhaltigen Lebensweisen jetzt schön langsam spürbar werden und weil sich die Jungen Sorgen machen (Friday’s for Future). Die SDGs sind jetzt in aller Munde, weil die Staaten und ihre Bundesländer sich um die Umsetzung Sorgen machen – auch in Austria steigen ja die Treibhausgase jährlich heiter weiter trotz der SDG und der Green Deal Bemühungen und Commitments. Zumindest werden jetzt Förderungen an Nachhaltigkeitsumsetzungen gebunden und andere Mandate kommen ins Spiel, allerdings zu langsam und zu wenig um wirklich einen starken Impact zu kreieren. Die verschiedenen Nachhaltigkeitsaktionen, so wie diese Aktionstage helfen, um die Themen und Lösungsansätze mehr ins Rampenlicht zu bringen. Das ist gut so! Wir müssen halt überall ansetzen, vor allem bei den Kleinen, die können dann ihre Eltern weiterbilden (kein Scherz!). Ich wurde auch schon von unserem lokalen Kindergarten gebeten, ob ich nicht die SDGs mit ihnen machen könnte (werde ich auch tun).

Die FH Burgenland bietet viele verschiedene Studiengänge an – inwieweit wird in diesen Studiengängen Bezug auf die SDGs genommen? Wo gibt es noch Nachholbedarf?

Im Department Energie und Umweltmanagement wird die Nachhaltigkeit schon lange großgeschrieben. Die anderen Departments arbeiten gerade daran die SDGs zu integrieren. Dort gibt es noch Nachholbedarf. Ich arbeite an diesem Thema auch mit dem Verein „Bündnis der Nachhaltigen Hochschulen“ (der wurde seit drei Jahren entwickelt und diesen Sommer endlich offiziell gegründet, ist so ähnlich wie UniNetz aber auf Hochschulbasis). Was uns allen (Bildungseinrichtungen) fehlt ist ein geeignetes System für die qualitative und quantitative Bewertung unserer Bemühungen, sodass wir uns vergleichen und Kapazitäten/Expertenwissen an verschiedenen FHs besser erkennen können.

Ist eine Fortsetzung der Webinar Serie auf der FH geplant?

Vorerst nicht, aber in weiterer Folge sicher. Wir bauen auch ein FH-internes Training wo die SDGs eine zentrale Rolle spielen. Auch die ÖH interessiert sich für so ein Training. Wir sind die einzige Hochschule in Austria, die eine Gemeinwohlbilanz macht und wir würden hier gerne Peers sehen, die das mit uns gemeinsam machen. Vielleicht im neuen Verein…

Die besagte SDG Serie entspricht dem „human-centered“ Design Konzept, also Lösungen die sich „Menschen“ ausgedacht haben (mit ihrem beschränkten Denken und Handlungsvermögen). Als nächstes werden wir eine „nature-inspired“ SDG Serie entwickeln, also welche Lösungen die Natur vorschlägt für unsere „menschen-gemachten“ Nachhaltigkeitsprobleme. Ich bin ja Biomimicry Praktikerin („nature-inspired innovation“ ist meine Expertise). Das kann man sich so vorstellen: die Frage wäre, z.B.: „Welche alternativen Finanzsysteme führen uns in die ganzheitliche Nachhaltigkeit?“ In der Natur würden wir jetzt die Frage umwandeln und so fragen: „Wie werden Ressourcen in einem intakten Ecosystem produziert und umverteilt, damit alle teilnehmenden Organismen (also Pflanzen und Tiere) ihrer Art entsprechend (über-)leben können?“ usw… Spannend, oder?

Was steht für Sie als Nachhaltigkeitsbeauftragte der FH Burgenland ganz oben auf Ihrer Agenda? Was ist Ihnen besonders wichtig zu erreichen?

Wie schon erwähnt geht es jetzt an die Umsetzung bei uns an der FH Burgenland. Wir kommen also von der Strategie (vom PLANEN) ins „TUN“ und das ist mir das Wichtigste: dass wir ins TUN kommen und Impact haben. Uns läuft die Zeit davon in der Welt für die dringlichen Nachhaltigkeitsagenden.

Vielen Dank für die Aktionstage und unseren 1. Platz! Wir freuen uns, dass wir Nützliches beitragen durften.

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Interview mit prof.(FH) Regina Rowland, Nachhaltigkeitsbeauftragte der FH Burgenland
Hier geht´s zum Aktionstage-Beitrag.