AKTIONSTAGE HIGHLIGHT - Denk:Schmiede am Fluss - Raum für Vernetzung, Beratung und Dialog

Menschen bzw. Organisationen beginnen wieder verstärkt, sich Gedanken über Ressourcen zu machen – aus der freien Wahl oder auch aus der Not. Das Bedürfnis Ressourcen zu bündeln, Synergien zu schaffen bzw. zu nutzen und neue Kooperationen einzugehen, um die ländliche Region nachhaltig zu gestalten, steigt wieder, ebenso das Bedürfnis nach Gemeinschaft, ohne die eigene Individualität aufgeben zu müssen.

Im Ortsteil Alt-Scharnstein findet eine umfassende Revitalisierung des historischen Zentrums am Almfluss durch einen Architekten statt. Die Denk:Schmiede am Fluss hilft als regionaler Vernetzungs-, Beratungs- und Dialogsraum im Almtal mit, das denkmalgeschützte Herrenhaus Geyerhammer wiederzubeleben und neu zu gestalten.

Nachdem kooperatives Arbeiten ein Wert ist, der für den Verein Denk:Schmiede am Fluss wichtig ist, hat der Vorstand Vertreter_innen der Gemeinde, Politik, Agenda21, der Wirtschaft und Bürgerinnen bzw. Bürger aus der Region eingeladen, den Aufbau mitzugestalten. Das Wunderbare daran war es, dass sich viele Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen für die Design-Thinking Workshops angemeldet haben.

© Denk:Schmiede am Fluss
© Denk:Schmiede am Fluss


Die Gestaltungsfrage, mit der wir uns in den Workshops genauer auseinandersetzten, lautete: „Wie kann die Denk:Schmiede ein für die Region zugänglicher Ort werden und sich langfristig und unabhängig als Lebensraum für Vernetzung, Innovation, Beratung und (Bürgerinnen & Bürger)Engagement etablieren?“

 

  1. Workshop: Verständnis & Empathie (April 2019)
    © Denk:Schmiede am Fluss
    © Denk:Schmiede am Fluss

Nachdem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Denk:Schmiede am Fluss einen unterschiedlichen Wissensstand hatten, wurde ein gemeinsames Verständnis für die Herausforderung geschaffen und vorhandenes Wissen in der Gruppe strukturiert. Daraus entwickelte sich auch ein Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Gruppenmitglieder. In der zweiten Phase dieses Workshops ging es darum Empathie für die Zielgruppe zu entwickeln. Genauer gesagt: zu ergründen, um was es wirklich geht. Während dieses Workshops definierten die Bürgerinnen und Bürger externe bzw. interne Faktoren, die das Bestehen der Denk:Schmiede am Fluss beeinflussen, potentiellen Nutzer_innen, Herausforderungen und Chancen. 

 
© Denk:Schmiede am Fluss
© Denk:Schmiede am Fluss

Die angewandten Methoden waren sehr unterschiedlich und tricksten auch immer wieder den Verstand aus, z.B. verzwickte Fragen-Spiel: In einer Kleingruppe wirft eine Person eine Frage ein, die anderen dürfen nur mit einer Frage darauf antworten. So vertiefen sich die Gedanken bzw. Fragen. Am Ende hat sich die Ausgangsfrage zur einer Frage nach der Übung transformiert, die mehr Neutralität bzw. Leichtigkeit beinhaltet. Durch diese Gegenfragen änderten und/oder vertieften sich die eigene Perspektiven, denn jede Gegenfrage forderte dich auf, zu überdenken, oder machte dich einfach sprachlos, da die Frage zuerst einmal sickern „musste“.

 

  1. Workshop: Empathie, Fokus & Ideen (Mai 2019)

    © Denk:Schmiede am Fluss
    © Denk:Schmiede am Fluss

    Zwischen ersten und zweiten Workshop lagen drei Wochen. In dieser Zeit hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Aufgabe, mit 2 bis 3 Personen des eigenen Umfelds über die Denk:Schmiede zu reden. Diese Aufgabe stellte sich als eine Herausforderung da, weil sich herauskristallisierte, dass es den einzelnen Personen selber noch nicht so klar ist, was die Denk:Schmiede ist. Genauer gesagt: Innerlich weiß ich es. Doch ich kann es noch nicht so in Worten fassen, dass es einer externen Person klar ist, wofür die Denk:Schmiede am Fluss steht. Das war ein spannender Moment im Prozess.

Der zweite Workshop begann mit einem Spaziergang in der Natur, um sich Assoziationen und Wahrnehmungen aus der Umgebung der Denk:Schmiede für diese zu holen. Die Natur lebt uns Vieles vor, woraus wir uns Ideen für das Eigene holen können.

Der nächste wichtige Teil dieses Workshops war die Erstellung der Personas. Hier kreierten wir in fünf Kleingruppen fiktive potentielle Nutzerinnen und Nutzer. Die vorgegebenen Punkte waren:

Diese Methode hat bei den teilnehmenden Menschen vieles bewegt, da plötzlich zukünftige Nutzerinnen und Nutzer real bzw. greifbar wurden. Zudem hatten wir dabei großen Spass. 

Aus dieser neuen Energie heraus setzten wir uns noch einmal mit der Gestaltungsfrage auseinander: Wie kann die Denk:Schmiede ein für die Region zugänglicher Ort werden und sich langfristig und unabhängig als Lebensraum für Vernetzung, Innovation, Beratung und (Bürgerinnen & Bürger)Engagement etablieren? Aus der eigenen Perspektive und aus der der Personas konkretisierten sich schon erwähnte Ideen bzw. kamen neue dazu.

 

 

  1. Workshop: Prototyp & Test (Juni 2019)
© Verein Denk:Schmiede am Fluss
© Verein Denk:Schmiede am Fluss

Mit Wehmut und Freude trafen wir uns Ende Juni zum dritten und vorerst letzten Workshop. Dieses Mal ging es darum, aus all dem Reichtum an Informationen, Perspektiven und Ideen Prototypen der Denk:Schmiede zu schaffen.

Dazu standen die unterschiedlichsten Materialien zur Verfügung – auch z.B Lego zum Bauen. Wunderbar war, zu erleben, wie offen und doch konkret die Gruppen im Schaffen waren. Aus all den Ideen und Punkten, die in den einzelnen Workshops gesammelt wurden, kristallisierten sich nun konkrete Prototypen heraus, die nun in den nächsten Monaten getestet werden.

Der Verein Denk:Schmiede am Fluss steht nun vor der Herausforderung diese tolle Ideen und die engagierten Menschen über den Sommer in den Herbst mitzunehmen. Doch die aktiv Ausführenden haben nun das Gefühl, dass es sehr gute Ansätze bzw. einen wertvollen Leitfaden gibt – und Menschen, die einem mit Rat und Tat dabei unterstützen.

© Verein Denk:Schmiede am Fluss
© Verein Denk:Schmiede am Fluss

 

 

Danke an alle Beteiligten für Euer Engagement!

                

 

Von Eva-Maria Großmayer-Gurney
Aktion: DesignThinking-Workshop "Denk:Schmiede am Fluss"

 

„Wir sind Klima“ - Aktionstag

Am 04. Juni fand in Bregenz eine spektakuläre Demonstration mit Gehzeugen und anschließender Petitionsübergabe für die Finanzierung der Energieautonomie statt. Ziel war ein wirksamer Auftritt von Organisationen und der Zivilgesellschaft, um seitens der Politik die notwendige Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen einzufordern.

Der Marsch zum Landhaus

Kurz vor 11 Uhr tummelten sich über 20 Gehzeuge am Parkplatz Seestadt Bregenz. Gehzeuge sind Holz-Lattenroste im Ausmaß eines Autos, die von Menschen getragen werden und verdeutlichen sollen, wie viel Platz durchschnittlich große Autos einnehmen. Alle warteten gespannt darauf, endlich Richtung Landhaus losmarschieren zu dürfen. Kurz nach 11 Uhr war es so weit. Zügig schritten die Gehzeuge im Konvoi zwischen Elektrofahrzeugen und Fahrrädern voran. Geschultert wurden diese von unterschiedlichen VertreterInnen von Gemeinden und Organisationen, wie etwa Attac, Bio Austria, Consolnow oder dem Weltladen. An der Spitze der Gehzeugkolonne wurden in einem kleinen Holzkarren die Petitionen von 17 Gemeindevertretungen und 4 Umweltorganisationen transportiert.

Petitionsübergabe

Vor dem Landhaus wurden die GehzeugträgerInnen mit Gemüsesuppe und Raclette sowie Kuchen und Kaffee empfangen. Nach einem ausführlichen Fotoshooting und diversen Interviews, kam es zum Höhepunkt der Aktion: Der Übergabe der Petitionen an den Landtagspräsidenten Harald Sonderegger durch die JugendbotschafterInnen der Caritas. In der Petition wurde Folgendes gefordert: Das

  1. Einführen einer freiwilligen CO2-Abgabe für die von der Landesverwaltung verursachten CO2-Emissionen;
  2. Abschaffen sämtlicher Marktverzerrungen durch direkte und indirekte Förderungen fossiler Energiestrukturen im Wirkungsbereich des Landes;
  3. Sichern der Lobbyarbeit auf Bundes- und EU Ebene für eine Kostenwahrheit bei Atom/Öl/Gas/Kohle; sowie das
  4. Festlegen einer Landesenergieabgabe bzw. Gebühr für CO2-Emissionen zur Finanzierung der beschlossenen Energieautonomie 2050.

 

Für die Machbarkeit der Energieabgabe auf Strom und Gas wurden folgende Ideen erläutert:

Zusammenfassend lautete die Botschaft der Petition also: Energieautonomie in Vorarlberg ist machbar, leistbar – und rasch realisierbar!

 

Information und Ausklang

Nach der Petitionsübergabe gab es noch die Gelegenheit, mit VertreterInnen der NGOs und UnterstützerInnen der Petition ins Gespräch zu kommen. Bei biologischer Verpflegung sowie fair gehandelten Kaffee vom Weltladen Bregenz wurden wertvolle Informationen über zukünftige Projekte und mögliche Partnerschaften ausgetauscht.

 

Bericht von Katharina Toth – NH Reporterin für Vorarlberg

Fotocredit: © Katharina Toth

 

 

Projektschmiede – gemeinsam Wandel gestalten

Am 30. Mai fand im Glashus in Frastanz wieder eine Projektschmiede statt. Zwei spannende Projekte wurden von 16 Personen aus unterschiedlichen Bereichen weiterentwickelt.  

Was ist die Projektschmiede?

Die Projektschmiede ist ein offenes Nachmittagsformat, bei dem ko-kreativ gemeinsam an konkreten Projekten „geschmiedet“ wird. Sie findet alle zwei Wochen abwechselnd im Vorarlberg Museum in Bregenz und im Glashus in Frastanz statt. Voraussetzung für die Projekte ist, dass diese einen Gemeinwohlcharakter haben. Sie können aus den verschiedensten Bereichen (Soziales, Kultur, Umwelt, Bildung, Freizeit, …) stammen. Begleitet wird der Nachmittag von zwei Personen, die für einen klar strukturierten und professionellen Rahmen sorgen. Neben den Menschen, die ein Projekt einbringen (Projektgeber*innen), kommen in die Projektschmiede freiwillige „Projektbegleiter*innen“. Ihre Aufgabe ist es, die Projekte durch ihre Inputs, Ideen, Fragen und Visionen, aber auch Bedenken weiterzubringen und zu bereichern. Durch die verschiedenen Blickwinkel und die Menge der Informationen wird die Qualität der Ergebnisse erhöht.

 

Der Ablauf

Die Projektschmiede begann mit einem gemeinsamen Kennenlernen der Teilnehmenden und des Schmiedeformats. Nach den Projektvorstellungen wurde in  drei Runden in zwei unterschiedlichen Gruppen geschmiedet. 

 

Projekt - Lehrlinge 2.0

Moritz Kempf kam mit dem Projekt „Lehrlinge 2.0“ in die Schmiede. Sein Anliegen: Eine Möglichkeit schaffen, bei der Schüler*innen, deren Eltern und Lehrlingsbetriebe miteinander in Austausch kommen. Denn „Lehrlingsbetriebe klagen über fehlende Lehrlinge, ein Fachkräftemangel ist die Folge daraus, Lehrlingsbetriebe wirken für Schüler*innen nicht attraktiv und Eltern entscheiden für ihre Kinder“ – so Moritz‘ Annahme.

In den drei Runden stieß Moritz mit seiner Projektidee auf große Resonanz unter den Teilnehmenden. Für ihn war dies eine zusätzlich Motivation, an dem Projekt dran zu bleiben, da es nicht nur in seinen Augen von großer Relevanz für Vorarlberg zu sein scheint. Nun gilt es für Moritz, seine Vorannahmen auch mit Zahlen, Daten und Fakten zu belegen. Außerdem braucht er Multiplikator*innen, die seine Projektidee weitertragen und ihn bei der Umsetzung unterstützen können.

Projekt - Nahversorger in Meiningen

Sehr spontan brachte Hertha Williams ihr Herzensprojekt bei der Projektschmiede ein. Ihr Anliegen: Es braucht einen Nahversorger in Meiningen. „Die Einwohner*innen sollten nicht immer in die Nachbargemeinde zum Einkaufen fahren müssen. Es sollte eine Möglichkeit direkt im Ort geben, wo auch ohne Auto eingekauft werden kann“ meinte Hertha. Begleitet wurde sie von zwei Schüler*innen, die Herthas Vorhaben mit einer Machbarkeitsstudie im Rahmen ihrer Abschlussarbeit unterstützen.

Die Fragen, die sich am Anfang stellten, waren, wie dieser Nahversorger aussehen sollte. Konventionell oder Bio? Mit einem integrierten Second-Hand Shop? Mit einem Café dabei? Im Laufe der drei Runden stellte sich für Hertha heraus, dass sie erst einmal die Nachfrage in der Gemeinde für so einen Nahversorger herausfinden sollte. Dazu wäre die Gründung eines Stammtisches zu diesem Thema ein Anfang. Auch mögliche Kooperationspartner, wie etwa den Lisilis Biohof, könnte sie dazu einladen. Eine wesentliche Erkenntnis für alle war, dass es in Meiningen einen Ort für Begegnung braucht. Aus der ursprünglichen Idee des Nahversorgers könnte also noch viel mehr werden…

 

Ein weiterer erfolgreicher Schmiedenachmittag neigte sich dem Ende zu. Die Projektgeber*innen Moritz und Hertha freuten sich über die vielen Anregungen zu ihren Projektideen. Beide verließen die Projektschmiede mit einer reichen Ernte und konkreten nächsten Schritten. Alle anderen freuten sich, dass sie die beiden Projekte ein Stück weit begleiten und mit ihren Ideen bereichern durften.

Katharina Toth, NH-Reporterin Vorarlberg

Fotocredit: ©Markus Götsch, Florian Oberforcher, Katharina Toth

 

Wien wird WOW

Schonwieder ein Neubau, der das Flair der benachbarten historischen Gebäude ankratzt. Schonwieder ein Großprojekt, welches viel zu teuer ist und viel zu lange dauert. Schonwieder ein Bauvorhaben, bei dem alle, nur nicht die Bevölkerung und die zukünftigen Bewohner mitreden können! Die Stadtplanung hat harte Zeiten hinter sich und kämpft mit ihrem Image. Oft kam sie erst ins Gespräch, als Konflikte bereits offen ausgetragen wurden und über zu wenig Grünflächen oder Parkplätze oder vielleicht auch zu hohe oder zu niedrige Bauten gestritten wurde. Doch damit soll jetzt Schluss sein!

Interaktive Stadtplanung

Mit der Ausstellung „Wien wird WOW“ – die auch als „größter mobiler Workshop der Stadt“ bezeichnet wird – soll Stadtplanung aus dem Rathaus hinausgetragen und dorthin gebracht werden, wo Stadtentwicklung passiert. Die Wiener Magistratsabteilung für Stadtplanung hat sich zum Ziel gesetzt, Mitbestimmung zu fördern und Bürger*innen aktiv einzubinden. Bis zum Jahr 2020 soll „Wien wird WOW“ also nun durch die Stadt touren und gemäß dem Motto „Denk mit. Plan mit. Mach mit.“ Wiener und Wienerinnen für integrative Stadtplanung begeistern. Es soll informiert, aber auch inspiriert und aktiviert werden, um Stadtplanung in seiner Komplexität begreifbar zu machen, während spielerisch Einbringungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.

Nordbahnhalle ist WOW

Von 18. April bis 2. Juni feierte „Wien wird WOW“ in der Nordbahnhalle seine Eröffnung. Das Nordbahnviertel im zweiten Bezirk ist dabei selbst ein Hotspot für Stadtentwicklung und die Nordbahnhalle ein geeigneter Experimentierort für zukunftsfähige Stadtplanung. Umringt von grüner Wildnis, brachen Flächen und Vorboten des gewaltigen Stadterneuerungsprozesses, der sich hier in den nächsten Jahren vollziehen wird, bildet das alte Ziegelgebäude einen kreativen Gestaltungsraum für bunte Ausstellungen und Veranstaltungen. Beim Eintreten werden die Besucher*innen von einem fachkundigen Vermittlungsteam begrüßt und auf Wunsch durch die Ausstellung begleitet. Man bekommt das Gefühlt, dass „Stadt“ hier anders gedacht wird. 

Es gibt viel zu entdecken

Die Ausstellung selbst gleicht einem hölzernen Baugerüst, das als ästhetische Skulptur in die Höhe ragt und Lust macht entdeckt und erlebt zu werden. Während die Außenseite eher allgemeine Aspekte der Stadtplanung behandelt, lädt der begehbare Innenbereich ein, konkrete Bauvorhaben Wiens besser kennenzulernen. Wer gerne spielt kommt hier auf seine Kosten. Sei es beim tatsächlichen Gestalten mit Bauklötzen, dem Aufbau einer ganzen Nachbarschaft am Computerdisplay oder der Planung einer Straße, die verschiedenen Zielgruppen gerecht werden soll. Außerdem erfährt man nach einem kurzen Quiz, welche Stadt auf der Welt perfekt für einen ist, wird über geläufige Mythen zur Stadtplanung aufgeklärt und lernt welche kreativen Lösungen andere Städte für ihre Probleme gefunden haben.

Trotz der nur 26 m² Grundfläche hat Langeweile hier nichts zu suchen. Wer also gerne mal in die Rolle der Stadtplanerin oder des Stadtplaners schlüpfen und mehr über die ambitionierten Stadtentwicklungsprojekte Wiens erfahren möchte, kann sich auf diese interaktive Wanderausstellung freuen.

Bericht von NH-Reporter Hannes

Fotos: © MA22

 

 

4. Grazer Umwelt Zirkus – „Restlos glücklich – Teller statt Tonne“

An einem strahlend sonnigen Tag im Juni fand der 4. Grazer Umwelt Zirkus im schönen Joanneumsviertel statt. Zahlreiche Aussteller machten auch dieses Jahr die Veranstaltung zu einem großen Erfolg, den auch der zum Ende einsetze Regen nicht trüben konnte. Zusätzlich zum Programm kam auch das kulinarische nicht zu kurz und die zahlreichen Getränkestände luden zum verweilen ein.

„Restlos glücklich – Teller statt Tonne“

Ganz im Sinne des Mottos: „Restlos glücklich – Teller statt Tonne waren auch einzelne Aktionen der Mitwirkenden gestaltet. So wurden an die Besuche Gerichte ausgegeben, die gezielt aus Lebensmitteln zubereitet wurde, die aufgrund eines optischen Makels nicht mehr in den Supermärkten verkauft werden können. Dies sollte zum nachdenken anregen, denn jeder kennt die Berichte über, nur aufgrund optischen Unzulänglichkeit entsorgter, aber vollkommen genießbarer Lebensmittel. Denn es ist paradox, dass es Menschen gibt, die Hunger leiden, aber im Gegensatz eine große Menge an Lebensmitteln einfach in der Tonne landet.

 

Des Weiteren gab es eine Vielzahl an Ausstellern, die vor allem nachhaltige Produkte vorstellten. Doch was wäre ein "Zirkus" ohne Spiel und Spaß. So waren auch einige, vor allem für Kinder interessante, aber auch von vielen Erwachsenen frequentierten Attraktionen vor Ort.  Alles in allem kann man von einer gelungenen Veranstaltung sprechen, die bestimmt im nächsten Jahr wieder eine große Anzahl an Besuchern anlocken wird.

©Land Steiermark

 

NH-Reporterin Aglavaine Lakner beim Youth-Energy-Slam am 25. Mai 2018

Das spezielle Thema des Abends

Stell dir vor, es ist das Jahr 2050 und das Erdöl ist uns ausgegangen. Das Thema des Abends war „eine Welt ohne Erdöl“. Die Fragen im Vorfeld lauteten: Wie denkt die Jugend über den Klimawandel? Steht der Gedanke des Verzichten Müssens im Vordergrund oder gibt es noch andere Perspektiven?

Ines Strohmaier auf ihrer Zeitreise ins Jahr 2070, wo sie in Reimen ihrem Enkel vom Erdölzeitalter erzählt

 

Die Veranstalter*innen

Der YouthEnergySlam ist ein Format des Klima- und Energiefonds und findet im Rahmen des Risikodialogs in Kooperation mit JUMP heuer zum 2. Mal statt. Da die Veranstaltung heuer in Salzburg – Tribüne Lehen – stattfand, war als lokale Partnerin Südwind Salzburg mit an Bord. Eine kurze Vorstellung der Veranstalter*innen: Der Klima- und Energiefond wurde 2007 durch die österreichische Bundesregierung ins Leben gerufen, um neue, innovative Wege für den Klimaschutz und eine nachhaltige Energiewende zu entwickeln und zu fördern.

Der Risikodialog ist eine Plattform für Vernetzung und Austausch zwischen Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Es sollen Grenzen geöffnet und Brücken gebaut werden. 2007 auf Initiative von Umweltbundesamt und Radio Ö1 ins Leben gerufen, beschäftigt man sich mit Zukunftsfragen wie Klimawandel, Nanotechnologie und Energie, Bioökonomie bis hin zu Jugendpartizipation und Digitalisierung.

Die Jugendumweltplattform JUMP wiederum hat sich zur Aufgabe gemacht, junge Menschen zu motivieren, sich für eine zukunftsfähige und umweltbewusste Gesellschaft einzusetzen.

Südwind schließlich setzt sich als entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation seit über 35 Jahren für eine nachhaltige globale Entwicklung, Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen weltweit ein.

 

Was ist ein Poetry-Slam?

Es handelt sich um einen Dichterwettstreit, den es in dieser Form seit den 1980er Jahren gibt, und der jungen Menschen ein Podium bieten soll. Dabei gibt es ein paar Regeln:

Das Voting

 

Die Teilnehmer*innen und ihre Texte

An der Veranstaltung nahmen 10 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 26 Jahren aus ganz Österreich von Wien bis Vorarlberg teil.

In der Darbietungsform spannte sich der Bogen von Gedichten in Versen oder Prosa über einen Song, einem Anruf aus der Zukunft, Zeitreisen ins Jahr 2050+, eine Meditation zum Thema Energie bis hin zur scheinbar langweiligen Geschichte über 2 begeisterte Bergsteiger, die rechtzeitig umdrehen, weil sich ein Wetterumschwung ankündigt.

Die Entscheidung war sehr knapp und eigentlich gab es nur Gewinner*innen, da die Wertungen durch die Bank zwischen 7 und 9 Punkten lagen. Letztendlich können aber leider nur 7 Slamer*innen beim Finale am 12. Oktober in Linz teilnehmen. Dieses findet im Rahmen der Messe WairFair +mehr in der Tabakfabrik, Peter-Behrens-Platz 11 statt.

Dort könnt ihr euch selbst ein Bild der Qualität der Beiträge von Hannah, Peter, Tanja, Ines, Laura, Akitas und dem Duo David und Julian machen. Wer da keine Zeit hat, kann auch auf YouTube unter „Youth Energy Slam 2018“ die Vorentscheidung Revue passieren lassen.

Gruppenbild der TeilnehmerInnen mit Moderator Ivica

 

Beeindruckt von den Gedanken und Performances der jungen Poetinnen ist eure

NH-Reporterin Aglavaine Lakner  

Fotos: © Land Salzburg

DIE ZUKUNFT IST BESSER ALS IHR RUF – Filmvorführung mit anschließender Dialogveranstaltung

Ein Wort hat die Medien in den vergangenen Jahren dominiert wie wohl kaum ein anderes: die Krise. Negative Meldungen über aktuelle und zukünftige Entwicklungen prägen die Nachrichten und erzeugen ein allgemeines Gefühl der Ohnmacht und Unsicherheit. „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“ – ein Film von Teresa Distelberger, Niko Mayr, Gabi Schweiger und Nicole Scherg – zeigt anhand von konkreten Menschen und Initiativen positive Lebensentwürfe, die Antworten auf viele Problemstellungen unserer Zeit bieten.
Am 29.5. wurde im Rahmen der Schultour 2017 der Film im Village Cinema in der Landstraßer Hauptstraße in Wien einigen Schulklassen vorgeführt. Im Anschluss diskutierten Konradin Schuchter vom Polyfilm Verleih und Gudrun Zecha vom Forum ViA mit den 13-14jährigen Schüler*innen über persönliche Anknüpfungspunkte und Ideen, sich selbst für ein gutes Leben für alle zu engagieren.

Gudrun Zecha und Konradin Schuchter gestalteten die nach dem Film anschließende Dialogveranstaltung.

Hoffnung, Mitbestimmung und Menschlichkeit

Der Dokumentarfilm, der seit Mitte Mai in den Kinos läuft, portraitiert sechs Menschen, die auf unterschiedliche Weise versuchen die Welt ein kleines Stück besser zu machen. Die wohl größte Stärke des Films ist es, Hoffnung und Zuversicht zu stiften, indem gezeigt wird, dass Lebensmodelle abseits des blinden Konsumrausches nicht nur möglich, sondern auch erfüllend und freudvoll sein können.
Rita hat den „BürgerInnen-Rat“ ins Leben gerufen, bei dem Menschen aus der Bevölkerung für eineinhalb Tage zusammenkommen, um gemeinsam zu einem bestimmten Thema zu diskutieren und schließlich eine eigens formulierte Erklärung zu präsentieren. Dies gibt Menschen die Möglichkeit, politische Entscheidungen aktiv mitzugestalten und Demokratie abseits vom Urnengang zu leben. Andrea hat die „Pannonische Tafel“ ins Leben gerufen, bei der einwandfreie Lebensmittel, die sonst im Müll gelandet werden, an Menschen weitergegeben werden, die durch widrige Umstände in die Armut geraten sind. Das Sozialprojekt „Wohnzimmer“ bietet zudem einen Raum ohne Konsumzwang, der zum Kennenlernen und gemeinsamen Essen, Trinken und Musizieren einlädt und auch Asylwerber*innen die Möglichkeit eröffnet, in einem vorurteilsfreien Umfeld anzukommen.

 

Zukunftsfähiges Essen, Wirtschaften, Bauen und Leben

Judith hat die Initiative „SpeiseLokal!“ mitgegründet, die mittels saisonaler und lokaler Ernährung sowie solidarischen Verteilungssystemen auf die Nicht-Nachhaltigkeit der konventionellen Lebensmittelproduktion antwortet. Walter versucht Studierenden an Universitäten einen reflektierten und kritischen Zugang zu Wirtschaft zu vermitteln, der über die neoliberal geprägte Lehrbuch-Ökonomie hinausgeht. Anna erforscht und realisiert „kompostierbare“ Bauprojekte, die aus lokalen Ressourcen wie Lehm errichtet werden und auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit nachhaltige Wege des Bauens und Wohnens aufzeigen. Andi ist ein Mut machendes Beispiel dafür, dass ein gutes Leben keineswegs teuer sein muss. Menschliche Beziehungen, naturverbundenes Reisen auf dem Fahrrad oder auch selbstgemachte Kleidung vermögen mehr Zufriedenheit und Selbstwirksamkeit zu stiften, als so manch erworbenes Konsumgut.

MENSCHEN.MACHEN.MORGEN – Das Motto der Aktionstage Nachhaltigkeit 2017 trifft exakt die Aussage des Films.

Die Organisator*innen

Konradin Schuchter, welcher auch im Anschluss an den Film die Diskussion moderierte, sieht die Stärke des Films vor allem in der Botschaft, dass jeder und jede eine bessere Zukunft mitgestalten kann. Es werden Leute „wie du und ich“ abgebildet, wodurch Menschen befähigt werden Veränderung zu leben. Gudrun Zecha stellte nach dem Film außerdem ihr Projekt Erdpapiere vor, bei dem versucht wird, den ökologischen Fußabdruck in den Preis von Waren einzurechnen, um deren wahre Kosten abzubilden und die regionale Wertschöpfung zu fördern. Sie findet es schön, wie gelungen der Film positive Alternativen eines nachhaltigeren Zusammenlebens und Wirtschaftens ins Bewusstsein rückt und damit Mut macht.

Im Sommersemester 2017 wird „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“ an ca. 10 Terminen einer Vielzahl von Schüler*innen die Freude am eigenen Tun nahelegen. Für Lehrpersonen gibt es außerdem Unterrichtsmaterialen zur Vor- und Nachbereitung, um ein möglichst tiefes Verständnis der angesprochenen Themen zu vermitteln. Natürlich ist der Film auch abseits der Schultour seit Mitte Mai in den Kinos zu sehen. Möge der Film noch viele Menschen – um es mit den Worten Gudrun Zecha’s zu sagen – „motivieren anzupacken und im Tun gescheiter zu werden!“

Bei den Schülervorstellungen wird eine Vielzahl junger Hoffnungsträger für zukunftsfähige Lebensweisen sensibilisiert.

Ein Bericht von Nachhaltigkeits-Reporter Hannes.

Fotocredit: © MA 22

Youth4Future – Together Active for the Global Goals

Am 1. Juni lud ein engagiertes Zweigespann der „Generation Earth“ bereits zum zweiten Mal junge Erwachsene ein, direkt in der UNO-City mehr über die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals = SDGs) zu erfahren. Nadine – eine junge Studentin – und Joel – ein 17-jähriger Schüler – organisieren diese Exkursionen in Namen der Jugendorganisation des WWF (World Wildlife Fund) mit dem Ziel, junge Menschen mit den entwicklungspolitischen Herausforderungen unserer Zeit und möglichen Lösungsansätzen zu konfrontieren. Nach der Führung reflektierten die 12 Teilnehmer dann in einem kleineren Rahmen über Möglichkeiten, im eigenen Leben Schritte zur Erfüllung der SDGs zu setzen – doch dazu später.

Beim Kennenlern-Spiel in der UNO-City fragten sich die Teilnehmer*innen über ihre Gewohnheiten und Haltungen aus.

Erste Hürden überwinden

Nachdem wir alle die Sicherheitskontrolle des Vienna International Center mehr oder weniger erfolgreich passiert hatten (nur ein Taschenmesser musste zurückgelassen werden), lernten wir uns bei einem interaktiven Aufwärmspiel erstmal kennen. Wir stellten uns Fragen zu unseren Gewohnheiten und Einstellungen bezüglich eines nachhaltigen Lebensstils und tauchten so gemeinsam in die Thematik ein. Dann – nachdem wir einen zweiten Schranken passiert hatten – startete die Tour mit Leonora, die uns in den nächsten eineinhalb Stunden durch das Gelände führen und uns dieses mit ihren Erklärungen näherbringen sollte.

Im imposanten Innenhof der UNO-City reihen sich alphabetisch geordnet die Flaggen der 193 Mitgliedsstaaten.

Hinter einem schalldichten Fenster begutachteten die Teilnehmer*innen von "Youtfh4Future" eine internationale Verhandlung.

Die UNO-City und die neuen Ziele

Die insgesamt 17 SDGs wurden von 193 UN-Mitgliedsstaaten in zahlreichen Konferenzen ausgehandelt, um schließlich am 1.1.2016 die bis dahin als Zielvision geltenden Millennium Development Goals (MDGs) abzulösen. Eine Besonderheit dieser neuen Ziele ist, dass nicht zwischen einem „reichen, entwickelten“ globalen Norden und einem „armen, hilfsbedürftigen“ globalen Süden unterschieden, sondern die Staatengemeinschaft als Ganzes verstanden wird, um ein menschen- als auch tierwürdiges Leben auf unserem Planeten zu fördern. Die UNO-City in Wien, deren Name auf die zahlreichen an eine städtische Infrastruktur erinnernden Dienstleistungen zurückgeht (mit Ausnahme von Unterkunftsmöglichkeiten) – beherbergt eine Vielzahl von UN-Organisationen sowie auch die International Atomic Energy Agency (IAEA), die wir alsbald erkunden sollten.

In einem Zelt des UNHCR lauschten wir Geschichten über das Leben und die Zustände in großen Flüchtlingscamps.

Unterwegs in den Tiefen der City

Wir schritten über lange Korridore und durch große Hallen, beobachteten Vertreter von über hundert Staaten bei einer Verhandlung, fühlten uns in das Leben in einem Zelt des Flüchtlingskommissariats (UNHCR) hinein, lauschten verschiedenen Maßnahmen der UN zur Erreichung der SDGs und genossen schließlich eine einschlägige kurze Filmvorführung in einem integrierten Kinosaal. Mit diesen diversen bunten Eindrücken genährt machten wir uns schließlich per U-Bahn vom Vienna International Center auf in den 2. Bezirk zum zweiten Teil der nachmittäglichen Aktion.

Let’s talk about SDGs & Lifestyles

Dort angekommen stärkten wir uns an einem kleinen aber feinen „nachhaltigen Buffet“ aus veganen Aufstrichen, Biogemüse-Stäbchen und gerettetem Brot von dem jungen Wiener Start-Up „Brotpiloten“. Nadine und Joel erläuterten die verschiedenen Handlungsfelder für nachhaltige Lebensweisen in Bereichen wie Ernährung, Mobilität, Wohnen und Konsum. Sie vergaßen auch nicht zu betonen, dass Minimalismus und Verzicht durchaus mehr Freude am Leben und Selbstwirksamkeit bedeuten können. Annemarie Miesbauer, die auch schon in der UNO-City mit dabei war, erzählte uns im Anschluss von den augenöffnenden Erfahrungen ihres Selbstversuchs, bei dem Sie ein Jahr lang versuchte, keinen Müll zu verursachen. Im ihrem Blog „Ein Jahr im Glas“, berichtet Sie von ihrer Motivation und den leicht nachahmbaren Ansätzen, der Wegwerfgesellschaft zu entkommen – vom Kakao- oder Zimtmake-up bis hin zum Ohrenschmalzentferner. Den Abschluss des erkenntnisreichen Nachmittags bildete eine finale Reflektionsrunde, bei der alle Teilnehmenden konkrete Ziele und Maßnahmen planten, um in Zukunft selbst zu dem ein oder anderen nachhaltigen Entwicklungsziel persönlich beizutragen.

Bei einem vegetarischen Buffet aus teils geretteten Lebensmitteln stärkten wir uns für den Workshop.

Die Köpfe der Aktion

Nadine und Joel – die „Youth4Future“ im Rahmen des „Action Leader Training“ der Generation Earth konzipierten – sehen ihre Aktion als hervorragende Gelegenheit, um jungen Menschen ihre Verantwortung im Bezug auf die Umsetzung der SDGs bewusst zu machen. In den SDGs sehen sie ein greifbares Zielkonstrukt, das den Weg in eine zukunftsfähige Welt einleiten kann. Zweifelsohne werden sich die beiden auch in Zukunft in diesem Sinne engagieren, denn – wie Joel nicht versäumt zu betonen: „eine bessere Welt ist möglich!“.

Ein Beitrag von Nachhaltigkeits-Reporter Hannes Reitberger.

Fotocredit: © MA 22

SUPERTRAMPS: Eine Tour – zwei Welten

Am frühsommerlich warmen Nachmittag des 9. Juni empfing ein ungleiches, jedoch wunderbar harmonierendes Duo eine Schar interessierter Menschen an den Ufern des Wiener Donaukanals.  Katrin Kadletz ist staatlich geprüfte Fremdenführerin und entführte als solche die Teilnehmer*innen auf einen vielseitigen Ausflug in Wiens Kunst, Kultur und Geschichte. Ferdinand, der zweite Guide, hat über Jahre am eigenen Leib erfahren müssen, was es heißt, kein Dach über dem Kopf zu haben und teilte Fakten, tragische Episoden aber auch das ein oder andere humoristische Schmankerl aus der Welt der Obdachlosigkeit mit der gebannt lauschenden Zuhörerschaft. Der von den beiden abwechslungsreich gestaltete Spaziergang entlang des lebhaften Donaukanals hinein ins stille Servitenviertel des 9. Wiener Bezirks eröffnete einen höchst kontrastreichen Einblick in unterschiedliche Lebenswirklichkeiten und in eine Stadt mit vielen Gesichtern.

Die Guides Ferdinand und Katrin vor der mit Graffiti-Kunst gestalteten „Wienerwand“ am Donaukanal.

Die eine Welt … Historie und Glanz einer Weltstadt

Das vom weltberühmten Wiener Architekten der Belle Époque Otto Wagner erdachte Schützenhaus beim Donaukanalausgang der U-Bahn-Station Schottenring bildet den Ausgangspunkt der Exkursion. Entlang der sogenannten „Wienerwand“, die legal von Künstler*innen der Graffitiszene im steten Wandel gestaltet wird, spazieren wir das Donaukanalufer der „Mazzesinsel“ entlang – wie der 2. Bezirk historisch auf seine jüdischen Wurzeln verweisend genannt wurde. Geschichten vom heiligen Nepomuk, der Rossauer Kaserne und den schiffziehenden Treidlern lauschend, überqueren wir schließlich auf der Rossauer Brücke den Donaukanal. An der „Summer Stage“ vorbeischlendernd, die in den Sommermonaten hier von Creolisch bis Wienerisch zu einer kulinarischen Weltreise einlädt, erreichen wir die ebenfalls von Otto Wagner gestaltete U-Bahn Station Rossauer Lände – ein Hauch Nostalgie weht durch die moderne Weltstadt.

Ferdinands lebhafte Ausführungen luden auch immer wieder zum Schmunzeln ein.

Beim Denkmal der im Zweiten Weltkrieg vertriebenen und ermordeten Juden und Jüdinnen, die in der Servitengasse lebten und arbeiteten, erzählt Ferdinand wie Ausgrenzung im Wien von heute Obdachlose trifft.

Grätzloase?

Dann tauchen wir ein in die stillen Gassen des Servitenviertels. Die Gemeindebauten, die nicht nur hier sondern in der ganzen Stadt bereits ab den 1920er Jahren erbaut wurden, galten damals als internationales Vorzeigeprojekt. Vertreter aus verschiedensten Ländern kamen, um die mit Wasseranschlüssen ausgestatteten Wohnungen sowie die Innenhöfe, Kindergärten und kleinräumigen Infrastrukturen der zukunftsträchtigen Wohnformen zu begutachten. Ein Highlight der Führung ist der im Häuserdickicht verborgene älteste erhaltene jüdische Friedhof Wiens, dessen Anfänge ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Vorbei an einer ehemaligen Synagoge, die im Zuge des Novemberpogroms 1938 vernichtet wurde, erreichen wir schließlich die für das Grätzl namensgebende barocke Servitenkirche. Die charmanten Gassen mit ihren vielen Cafés und Läden werden auch gerne „Petit Paris“ genannt, immerhin ist hier unweit auch das Französische Gymnasium beheimatet.

Die andere Welt … über Leben und Überleben auf der Straße

An der Kreuzung Berggasse/Porzellangasse endete die Führung, die bereichert wurde durch die bewegenden Ausführungen Ferdinands, der durch unglückliche Umstände das Leben als Obdachloser erfahren musste. Von den Strapazen der Delogierung über die mühsame tägliche Schlafplatzsuche, die Nahrungsbeschaffung, die Bedeutung von Hunden zur mentalen Stütze, die Wahrnehmung von Kontrollterminen bis hin zum stets schwerer werdenden Zugang zu öffentlichen Toiletten ließ uns Ferdinand in eine Welt eintauchen, über deren zähe Lebensrealität wohl nur die Wenigsten je bewusst nachgedacht haben. Dabei kann Obdachlosigkeit jeden treffen, ob durch Unfälle, traumatische Erlebnisse oder teure Scheidungen. Gleichzeitig ist niemand auf ein derartiges psychisch und physisch immens belastendes Schicksal vorbereitet. So sind Obdachlose auch keine homogene Gruppe und ist der Dosenbier trinkende und den Ausweg im Alkoholrausch suchende „Sandler“ am Praterstern nicht der typische Obdachlose.

Ferdinand lädt die Teilnehmer*inner der SUPERTRAMPS-Tour ein, differenzierter über Obdachlosigkeit und ihre Gesichter nachzudenken.

Nachwirken

Wir stehen im Halbschatten vor dem französischen Café „La Mercerie“. Die Stimmung bei der Verabschiedung ist locker, die Gespräche sind aufgeschlossen und respektvoll. Ferdinand reflektiert über die Würde, die darin liegt, für Dinge selbst zu bezahlen und damit ein Stück Normalität zu erleben. Einen Moment später bringt er uns mit einem Sarkasmus geladenen Witz zum Lachen. Katrin Kadletz bewundert ihn für seinen Mut als „SUPERTRAMP“ Menschen für das Leben und Leiden in der Obdachlosigkeit zu sensibilisieren. Doch wer hat die beiden eigentlich zusammengeführt und was ist SUPERTRAMPS genau?

SUPERTRAMPS kann dem Anspruch, eine Plattform des Austausches verschiedener Lebenswelten und –wirklichkeiten zu sein, gerecht werden.

Das Sozialprojekt SUPERTRAMPS

Getragen durch den 2015 von Katharina Turnauer ins Leben gerufenen Verein „SUPERTRAMPS – Verein zur Unterstützung von obdachlosen und ausgegrenzten Menschen“ knüpft die Initiative vor allem an den sozialen Nachhaltigkeitsaspekt an. Seit Oktober letzten Jahres hat Teresa Bodner die Fäden bei SUPERTRAMPS in der Hand. Die angebotenen Stadtführungen sieht sie als Chance, eine Plattform des Austausches zu schaffen und obdachlosen Menschen ein Gesicht zu geben um somit zukünftig eine andere, verständnisvollere Art der Begegnung zu ermöglichen. Außerdem gehe es um die Unterstützung der betroffenen Individuen, um wieder im Leben Fuß zu fassen.
Der Slogan der Aktionstage Nachhaltigkeit 2017 „Menschen. Machen. Morgen“ passe daher auch wunderbar zu den vielseitigen und stets etwas anders verlaufenden SUPERTRAMPS-Touren. Ob Wiener*innen, die ihre Stadt aus einem anderen Blickwinkel kennenlernen möchten, Tourist*innen, die Wien abseits von Ruhm und Glanz entdecken wollen oder Schüler*innen, die schon früh über die Themen Ausgrenzung und Armut lernen können – SUPERTRAMPS will die Augen vieler Zielgruppen öffnen, um ein gutes Zusammenleben für alle zu fördern.

Ein Beitrag von Nachhaltigkeits-Reporter Hannes Reitberger.

Fotocredit: © MA 22