Material-Koje

Am 8.6.2017 machte ich mich auf dem Weg zur „Material Koje“, ein Umschlagplatz für Materialien jeglicher Art. Angekommen in der Ottakringer Straße in Wien merkte ich, dass die Material Koje klein, aber fein ist! Früher waren in diesem Raum Glücksspielautomaten – heute ist er ein Materiallager.

Die Material Koje hatte eine Stunde lang offen und Personen konnten Sachen hinbringen oder mitnehmen. Vor Ort waren zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, die schon seit einigen Monaten dabei sind und Materialien in den Öffnungszeiten entgegennehmen. Sie selber sind Pädagoginnen in einem Kindergarten und in einem Hort und setzen die Werkstoffe als Bastelmaterial in der Arbeit mit den Kindern ein.  Zum Beispiel war eines der letzten Bastelprojekte Osterhasennester aus alten größeren Joghurtbechern zu bauen. So werden alte Verpackungsmaterialien nicht zu Müll, sondern können upgecyclet, d.h. in ein neues Produkt verwandelt werden. Das spart Ressourcen und ist umweltfreundlich!

Allerhand an Materialien!

Werkstoffe werden nicht nur von Privatpersonen vorbei gebracht, sondern auch einige Unternehmen haben sich bereits engagiert. So haben Restaurants, Eissalons, Papierhersteller, Kostümraume, Reperaturtischler und Labore wertvolle Materialien vorbei gebracht anstatt sie wegzuwerfen. Demnach gab es vor Ort allerhand: ehemalige Laborutensilien, Joghurtbecher, Kartoffelsäcke, leere Klopapierrollen, Mappen, Stoffe, Metalle, Bücher bis hin zu Elektronikteilen.

Meine Mitbringsel für die Material-Koje

Ich hatte von daheim auch etwas für die Material-Koje mitgebracht. Zwei Kugellager, von denen ich gar nicht mehr wusste, wie diese ihren Weg ursprünglich zu mir nach Hause fanden bzw. von was sie Bestandteil waren. Ich hatte sie lange aufgehoben, falls ich sie eines Tages verwerten kann. Nun dachte ich aber, dass sie bei der Material-Koje vielleicht eher einen neuen kreativen Besitzer finden, der etwas Schönes daraus schafft!

Abfall als Ressource

In der Material-Koje lernt man, dass nichts zu schade ist, weggeworfen zu werden. Viele kreative Köpfe gestalten die Abfallmaterialien um und geben ihnen einen neuen Zweck! Weiterverwenden und weiterverwerten statt wegwerfen. Das vermeidet Müll und spart auch noch Geld, da die Werkstoffe kostenlos sind. Und die Umwelt freut sich auch!

Ein Beitrag von Nachhaltigkeits-Reporterin Julia Führer.

Fotocredit: © MA 22

Bedingungsloses Grundeinkommen: ökosozial oder fatal?

Das Ökosoziale Studierendenforum veranstaltete am 1.6.2016 die Podiumsdiskussion „Bedingungsloses Grundeinkommen: Ökosozial oder fatal?“. 770 BesucherInnen verfolgten die Diskussion im Audimax der Wiener Wirtschaftsuniversität und weitere von zu Hause via Livestream.
 
Ein Anlass für die Diskussion war die bevorstehende Schweizer Volksabstimmung am 5.6.2016. Hier wurde weltweit zum ersten Mal über ein bedingungsloses Grundeinkommen abgestimmt. Das bedeutet, dass jedem Bürger bedingungslos eine Mindestabsicherung von 1000 € im Monat für ein menschenwürdiges Leben zustehen soll.
 
"Ist das eine gescheite Idee?", fragte die Moderatorin Michaela Hickersberger die Gäste am Podium. Der Kabarettist Roland Düringer antwortete: "Ist Weltfrieden eine gescheite Idee? Ist der Ende des Welthungers eine gescheite Idee? Eine gescheite Idee ja, aber eine Idee ist halt eine Idee."

Auch die anderen Podiumsgäste, Monika Köppl-Turyna, Helmo Pape, Michael Soder und Clemens Wallner beantworteten diese Frage. Die Meinungen gingen dabei auseinander: Von einer brillanten Idee bis hin zu einem utopischen Modell.
 
So hieß es, dass das bedingungslose Grundeinkommen ca. 1% des BIP dem Staat zusätzlich kosten würde, wenn diejenigen, die heute weniger als das Grundeinkommen verdienen, 1000€ erhalten würden. Dies wäre finanzierbar. Würden jedoch mehrere Menschen dann das bedingungslose Grundeinkommen in Anspruch nehmen und statt zu arbeiten zu Hause bleiben? Der Punkt ist, dass man eine Erwerbsarbeit, die man nicht erledigen will, ablehnen könnte. Die Löhne müssten somit höher werden, denn zum ersten Mal gäbe es tatsächlich einen Arbeitsmarkt, da nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeitnehmer nein sagen kann.
 
Die Frage, ob die Menschen trotzdem arbeiten würden, hängt auch von unserem Menschenbild ab. Verhält sich der Mensch wie der Homo Oeconomicus, der nur von finanziellen Anreizen geleitet ist und auf seine eigene Nutzenmaximierung bedacht ist? Ist er faul, scheut die Arbeit und lässt sich nur durch Be- und Entlohnung motivieren?
 
Monika Köppl-Turyna erzählt, dass es kleine Gemeinden in Asien gibt, die sich sehr gut organisieren und für öffentliche Güter für alle Mitglieder sorgen. Dies gilt aber meist nicht für große Gesellschaften, denn diese agieren eher entsprechend dem Homo Oeconomicus.
 
Das freiwillige Engagement der ÖsterreicherInnen widerspricht dem allerdings, denn fast jeder zweite ist ehrenamtlich aktiv. Es gibt viele Gründe warum sich Menschen engagieren – hauptsächlich, weil es ihnen Spaß macht und sie anderen helfen, ihre Fähigkeiten einbringen, Erfahrungen teilen und etwas zum Gemeinwohl beitragen wollen. Menschen, die sich nicht ehrenamtlich engagieren, geben oft an, ihnen fehle es an der notwendigen Zeit. Demnach fehlt die Zeit und nicht die Arbeit. Durch das bedingungslose Grundeinkommen kann Zeit freigesetzt werden, z.B. zum Nachdenken, wie die Gesellschaft besser gestaltet werden kann. Es können neue Lösungsansätze entwickelt werden anstatt weiterhin im Hamsterrad zu laufen und im System gefangen zu sein.
 
Dennoch, wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, die auf Nehmen und Geben beruht. Trittbrettfahrer wären bei dem bedingungslosen Grundeinkommen möglich.
Schließlich wurden auch Fragen an das Publikum gestellt:

Die Hände gingen bei beiden Fragen in die Höhe. Hier ist natürlich anzumerken, dass das anwesende Publikum wohl kaum für die Gesamtbevölkerung repräsentativ ist.
Roland Düringer merkte auch an, dass wir schließlich alle bereits einmal das bedingungslose Grundeinkommen hatten. Wir kamen auf die Welt und erhielten ein bedingungsloses Grundeinkommen beruhend auf der bedingungslosen Liebe der Eltern. Dann kam eines Tages das Taschengeld. Wenn man brav war, bekam man es, wenn nicht, dann bekam man weniger. Es begannen also die Bedingungen...
 
 
Ein Bericht von NH-Reporterin Julia.

Fotocredits: MA22

 
PS: Die Schweiz hat gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen gestimmt.

Kaufen ohne Ende? - konsumkritischer Stadtspaziergang

Unsere täglichen Kaufentscheidungen haben ökologische und soziale Auswirkungen. Wie die Zusammenhänge genau aussehen und wie/wo es alternative Einkaufsmöglichkeiten gibt, wollen die konsumkritischen Stadtspaziergänge zeigen. In einer Kooperation der entwicklungspolitischen Organisationen Südwind Salzburg, Intersol (Verein zur Förderung internationaler Solidarität), Afro-Asiatisches Institut Salzburg und Referat Weltkirche der Erzdiözese Salzburg fanden bereits letztes Jahr 3 solche Aktionen statt, heuer war es der bislang 2. Durchgang.
 
Als erstes ging es um das Thema Ernährung und so führte unser Weg zu einem Supermarkt in der Kaigasse, wo unsere Referentinnen über scheinbare Vielfalt, Fülle und Freiheit für die KonsumentInnen auf der einen Seite sprachen, denen aber die Konzentration der Marktmacht in den Händen weniger Konzerne gegenübersteht. Natürlich ging es beim Thema Ernährung auch um den zu hohen und weltweit noch immer steigenden Fleischkonsum, denn mit der so verlorenen Energie könnten 3,5 Mrd. Menschen ernährt werden. Hier wurde uns auch die neu entwickelte App „Map your meal“ vorgestellt: Man gibt einfach die Zutaten ein und erhält einen Wert für die ökologische und soziale Fairness der eigenen Mahlzeit. Als Abschluss des 1. Themas besuchten wir die Food Coop „Salzkörndl“, ebenfalls in der Kaigasse. Dieser Verein, dessen Ziel es ist, den Supermarkt als Zwischenschritt zu übergehen und direkt bei den Produzenten zu bestellen, hat 50 Mitglieder. Jede/r zahlt einen Monatsbeitrag, der die Miete für den Lagerraum abdeckt und übernimmt einen der notwendigen Dienste wie Abholung, Ladendienst oder auch Öffentlichkeitsarbeit. In Salzburg gibt es 3 solche Kooperativen, österreichweit sind es ca. 50.

Der Spaziergang führte uns weiter zum Mozartplatz und zum Wackersdorfdenkmal, das 1999 von der 1986 gegründeten Plage (Plattform gegen Atomgefahren) errichtet wurde. Hier ging es um das unsichtbare Konsumgut Strom. Weltweit stammt Energie noch immer zu 76% aus fossilen Rohstoffen, 50% sind es in Europa. Dafür liegt die Kernenergie in Europa mit 27% gegenüber weltweit 12% klar voran. Auch wenn Österreich seinen Energiebedarf zu 90% aus erneuerbaren Quellen deckt, heißt das nicht automatisch, dass wir atomstromfrei sind und ohne fossile Energieträger auskommen. Bedenklich ist vor allem, dass der Energiebedarf jährlich um 2% wächst. 1800 Kilowattstunden verbraucht ein durchschnittlicher Haushalt jährlich, ein Singlehaushalt 1000. Die größte Einsparungsmöglichkeit für den/die Einzeln/n ergibt sich beim bewussten Vermeiden des Standy-Modus.
 
Über den Mozartsteg auf die andere Salzachseite und die Imbergstraße entlang erreichten wir unsere 4. Station im „Das Kino“. Dort befindet sich derzeit die Ausstellung „Faserschmeichler“ von Südwind. Es geht um Baumwolle und somit den Stoff, aus dem ein Großteil unserer Kleidung gefertigt wird. Das Problem in diesem Bereich ist die schwere Nachvollziehbarkeit, weil so viele Länder in die Produktion eines einzelnen Kleidungsstückes involviert sind. Neben dem Kauf fair gehandelter Mode, die man bereits etwa in den Weltläden erwerben kann, sind Aktionen der Clean Clothes Kampagne sehr wichtig. Es geht darum, konventionelle Hersteller und Vermarkter durch öffentlichen Druck, dazu zu bringen, ihre ökologische und soziale Verantwortung wahrzunehmen.
 
Wer mehr darüber wissen will, welche Firmen sich in diesem Bereich bereits engagieren, kann sich im Internet beim Marken- und Labelcheck schlaumachen. Unsere Referentinnen gaben uns 6 Handlungsoptionen mit auf den Weg:

Die Linzergasse aufwärts erreichten wir die letzte Station dieses sehr interessanten und informativen Nachmittags, einen Weltladen. Dort bekamen wir Einblick in Entstehung und aktuelle Projekte der EZA, die 1975 als erste Initiative für fairen Handel (damals noch alternativer Handel genannt) gegründet wurde. Ausgangsprodukt war Kaffee, da dieser nach Erdöl der wichtigste Rohstoff im Welthandel ist und damit sehr stark Spekulationen ausgesetzt. Man wollte die kleinbäuerliche Produktion fördern und brachte so 1976 den ersten fair gehandelten Kaffee von guatemaltekischen Kleinbauern auf den Markt.

Die entscheidenden Kriterien für fairen Handel sind ein garantierter Mindestpreis + Prämien, die Vorauszahlung von 60% an die Genossenschaften sowie die Langfristigkeit der Handelsbeziehungen. Neben diesen wirtschaftlichen Kriterien (die EZA ist ein Handelsunternehmen und keine entwicklungspolitische NGO) geht es aber ganz klar auch darum, die Menschen hinter den Produkten sichtbar zu machen und sie damit zu „ermächtigen“.

Quintessenz des konsumkritischen Spaziergangs ist für mich: Jede/r einzelne kann etwas für eine gerechtere Welt tun, aber ohne Strukturveränderungen über politische Gestaltung wird es nicht gehen.
 
Ein Bericht von NH-Reporterin Aglavaine Lakner
 
 
Fotocredit für alle Bilder: Land Salzburg

Mini-Interview mit Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Ökosozialen Forums

Hans_Mayrhofer_Ökosoziales Forum
Hans Mayrhofer, Generalsekretär Ökosoziales Forum

>> Was bedeutet Nachhaltige Entwicklung für Sie?
Für mich bedeutet es Systemstabilität und Verbesserung: Damit unsere Gesellschaft auch noch für kommende Generation funktioniert. Und das ökologisch, sozial und ökonomisch.

>> Wer sind Ihre Helden und Heldinnen der Nachhaltigkeit?
George W. Bush ist mein Held. Kein anderer hat so offensichtlich und überzeugend gezeigt, wie es sicher nicht geht. Er lag konsequent und auf ganzer Linie daneben – in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht. Damit hat er viele motiviert sich zu engagieren.

>> Aktionstage Nachhaltigkeit steht für mich für …
Bewusstseinsbildung im Großen wie im Kleinen und viele Schritte, die Welt ein kleines bisschen nachhaltiger zu gestalten. Andererseits ist es auch ein Overkill, weil teilnehmen kann man nicht einmal an einem Bruchteil der Veranstaltungen.

 

Das Ökosoziale Forum arbeitet für...
...die realpolitische Umsetzung der Ökosozialen Marktwirtschaft auf regionaler, nationaler und globaler Ebene. Ziel ist eine zukunftsfähige und krisenfeste Gesellschaft, die heute auch Verantwortung für die Zukunft übernimmt.